Sunday, December 10, 2006

Süsser Ernsti


Drei Tage war er zu Besuch in der Wüste, der Ernsti. Und drei Tage hat er mir nun den Kopf vollgeredet mit Süssigkeiten, dass ich schon vom Zuhören zuckerkrank wurde. Ob auf unserm Morgenmarsch quer durch die offene Mojave, neben mir im Auto – Johnny Cash übertönend - oder abends vor dem Fernseher: geschäumte Elaborate über Süssigkeiten. Dazu muss man wissen, Ernsti (Örnsti, wie man hier sagt) ist Filmer und lebt seit langem in Los Angeles, ist aber in seinem Schokoladenherz Oesterreicher geblieben. Und die wissen, was süss ist, wie er mir versichert. Schon am ersten Morgen hat er sich darüber beschwert, dass ich zuwenig Zucker im Haus hab, nachdem er einen halben Zuckerstreuer in seinen Kaffee geschüttet hatte. Dann hat er meinen Kühlschrank auf Schweizer Schoggi untersucht und die angebrochenen Tafeln, von denen ich nicht mal wusste, dass sie da waren, mit viel Liebe getestet und kategorisiert. Und den überproportionalen Anteil an dunkler Schokolade bemängelt. Die mochte er nicht so gern, die dunkle. Vor jedem Ausflug mussten wir erst vor dem Supermarkt vorfahren, damit er sich seine tägliche Ration geben konnte. Dass ich Reese’s nicht kannte, brachte ihn aus der Fassung. Wie lange lebst du nun in Amerika, Liliane? Reese’s ist die beste kulinarische Errungenschaft der Amerikaner! Ja mei, ja mei… Er liess nicht locker. Die Schokoladenpraline mit Peanutbutter-Kern musste ich versuchen, aber erst nachdem er sie genau 18 Minuten lang in den Kühlschrank gelegt hatte. Ernsti liebt mich, weil ich ihm mal Luxemburgerli vom Sprüngli mitgebracht hab. Und dass er die landschaftlichen Schönheiten fast verpasst hat, weil er mir mit jeder Faser seines Seins die traumhaften Eismarillenknödel vom Tichy in Wien näherbringen wollte, musste ich ihm einfach verzeihen. Heute morgen ist er abgefahren, der Örnsti. Da sitz ich nun mit meinem Bio-Gemüse und meinem Nature Joghurt – auf kaltem Zuckerentzug.

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