Sunday, December 10, 2006

High Afternoon


Sie sind zwischen siebzig und scheintot. Letzteres, weil sie mit Chäpselipistolen zum grossen Showdown gegeneinander antreten. Jeden Samstag um halb drei spielen etwa zehn von ihnen Wilder Westen und freuen sich daran wie Kinder. Sie nennen sich die Pioneertown Truppe und führen zehn bis zwölf kurze Sketche vor - mit wechselnden Rollen. All die üblichen Verdächtigen sind vertreten: Cowboys, einsame Rächer, Huren, Priester, Räuber, ein Doktor und Sheriffs. Betagte Ladies zwängen sich in enganliegende rote Federkostüme. Betagte Gentlemen mimen jugendliche halbnackte Draufgänger. Aneinander gerät man über Gold, Whiskey, Spielschulden und die Gunst der Damen. Die Pistolen sitzen locker und jedes Sketch endet mit mindestens einem Toten inmitten der Hauptstrasse von Pioneertown, während die Ladies sich vom Badehaus aus, auch Bordell genannt, entsetzt geben. Pioneertown eignet sich bestens fürs Nachspielen historischer Szenen, denn es wurde 1946 als Filmset für Westerns gebaut - in einem etwas zu kleinen Massstab wie alle Westernsets, damit die Helden auf Celluloid stattlicher aussahen, wenns auf High Noon zuging. Das einzige Zugeständnis an die heutige Zeit – die Damen und Herren sind mit Funkmikrophonen ausgerüstet, die Lautsprecher stehen im Sand neben dem Statisten-Pferd. Heute steht Pioneertown unter Denkmalschutz und ist immer noch bewohnt. Da gibts auch die wegen ihrem eklektischen Musikprogramm weit über die Gegend berühmte Western-Bar “Pappy’s and Harriets”, vor der Samstags mehr Harleys aufgereiht sind als Pferde. Der Schauspieler Roy Rogers gehörte zu den urspünglichen Investoren von Pioneertown. Die Idee war, ein Film-Set zu bauen, in dem Schauspieler und Crew während der Dreharbeiten leben und Spass haben konnten – eine Idee, die auch sechzig Jahre später noch zu funktionieren schien, wenn auch mehr für die Akteure selber. Für mich wars Ethnologie und als solche durchaus spassig.

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