Wednesday, December 20, 2006

Blau oder rot


Jedes Jahr an Weihnachten muss ich Farbe bekennen. Mein blauer Pass sagt, was ein rechter Amerikaner ist, macht sich spätestens Ende Oktober die ersten Gedanken zu den Weihnachtskarten, die man an jeden einzelnen Eintrag im Adressbuch verschicken wird (ob man will oder nicht). Mein roter Schweizerpass sagt, es dürfen auch Neujahrskarten sein (und wenn man keine schickt, wirds auch keiner merken). Ich beschliesse, mich an die Sitten und Gebräuche des Landes zu halten. Wenn auch gemässigt. Ich werde also mich und meine Lieben nicht zu einem Familienfoto im Sonntagstaat prügeln, das dann beim Adressaten zusammen mit all den andern Karten z.B. auf einen Kartenbaum aufgesteckt wird. Erstens haben Wüstenschlampen keinen Sonntagsstaat und zweitens – der Kartenbaum - ich erspare Ihnen die Details. Gekaufte Karten mit gutgemeinten Wünschen also. Aber welche Wünsche genau? Das Fettnäpfchen ruft. Das gesteigerte Bewusstsein in Sachen politischer Korrektheit hat in den vergangenen Jahren auch vor Weihnachten nicht Halt gemacht. Immer mehr verstand man den Begriff “Weihnachten” als zu ausgrenzend für Andersgläubige. Und weil “Merry Christmas”, “Happy Hanukkah” und “Happy Kwanzaa” auch für den aufgeklärten Geist zuviel des Guten sind, hatte man sich auf ein alle einschliessendes “Happy Holidays”geeinigt. Da hatte man die Rechnung allerdings ohne die fundamentalistischen Christen gemacht. Nach ein paar Jahren der Toleranz besannen diese sich heuer darauf, Weihnachten für sich zurückzuerobern – Merry Christmas ist wieder angesagt. Seit dem sensationell guten Wahlergebnis der Demokraten würde die politische Landschaft aber ab sofort wieder nach einem toleranten “Happy Holidays” rufen. Ob der ganzen Abwägerei ist mittlerweile der letztmögliche Zeitpunkt für einen Versand verstrichen. Back to my Swiss roots, sage ich mir da– vielleicht werde ich mich ja auch zu keinen Neujahrskarten aufraffen können.

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