Sunday, December 10, 2006

Pianissimo


Vor 10 Jahren hatte Ron Fein genug vom Regenwetter in Seattle und machte sich auf die Suche nach einem Haus in der Wüste. Der Komponist hatte dort einige Zeit als Direktor des Composers’ Forum gedient und neuer Musik zur Aufführung verholfen. Er hatte eine genaue Vorstellung davon, was er suchte: weit abgelegen, nur über unwegsames Gelände erreichbar und absolute Stille – bald hatte er sein Paradies oberhalb von Pioneertown gefunden. Aber erst musste er die alte Säuferin, die ihn mit dem Gewehr im Anschlag von ihrem Land jagen wollte, davon überzeugen, es ihm zu verkaufen. Dann hat er das Haus renoviert, auf Solarenergie umgestellt und die Garage zu einem Tonstudio umgebaut. Ron hat sein eigenes Grundwasser - die einzige Leitung, die zum Haus führt, ist eine Telefonleitung. Und vor dem Studio gibt es einen Fleck mit 1 Meter Durchmesser, wo das Handy oft funktioniert. Da steht ein Korbstuhl, Telefonzelle genannt. Sein nächster Nachbar, Ed Ruscha, wohnt ein Tal weiter. Trotz allem ist Ron kein von der Welt abwandter Einzelgänger. Erstens ist vor einiger Zeit seine Freundin Rebecca eingezogen. Und zweitens besitzt Ron eine Bar in San Francisco, die er von hier aus managt. Es ist nicht irgendeine Bar, die er da 1985 von seinem Vater geerbt hat. Es ist das Vesuvio – das Epizentrum der Beat Poeten um Jack Kerouac, gegenüber vom City Light Bookstore gelegen – ebenfalls ein Monument der Beat Generation. Das Vesuvio hat Jack Kerouac und seine Freunde viele Nächte nicht losgelassen. Ron hingegen kommt ohne den allnächtlichen Barzauber aus. Wenn ich ihn und Rebecca besuche, lädt er nach dem Essen manchmal ins Studio ein und setzt sich an den Flügel. Dann kann mir jede Bar gestohlen bleiben. Wenn Ron seine eigenen Kompositionen spielt und draussen die Kojoten den Mond anheulen, hab ich nicht mal mehr Angst, auf dem Nachhauseweg mutterseelenallein im Sand steckenzubleiben. Oder sagen wir kaum.

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