Sunday, December 10, 2006

Jagdinstinkt


Nach fünf Jahren Wüste bin ich noch immer weder Jägerin noch Sammlerin. Jedenfalls nicht von toten Tieren. Wenn immer mein Hund Little Bear ausnahmsweise mal einen der vielen herumhoppelnden Hasen erwischt, schleudert er ihn zuerst mal rum und vergräbt ihn daraufhin. Dann ruf ich Danny an, den Nachbarsjungen, und offeriere fünf Dollar, eine Plastiktüte und eine Schaufel. Er würde es auch gratis machen, und ich würde auch zehn zahlen. Oder zwanzig. Ich weiss nicht, wo die Schmerzgrenze läge, wo ich meine Abscheu überwinden und selber zupacken könnte. Die von der Kehrichtabfuhr überfahrene Baby-Schildkröte genau vor meinem Tor, fand ich mehr traurig als grauslig, aber wegräumen konnte ich sie trotzdem nicht. Ich überliess das den Kojoten.

Dann, eines Tages, wässerte ich die Agave hinter dem Haus mit einem Gartenschlauch. Und heraus kroch ein riesengrosser Skorpion. Er war etwa so gross wie meine Hand breit. Und extrem grauslig. Ich hatte schon allerhand Schauergeschichten über giftige Skorpione gehört. Aber ich hatte sie mir kleiner vorgestellt.

Das Einzige was ich zur Hand hatte, war besagter Gartenschlauch und eine Trittleiter. Was hätten Sie getan, frag ich Sie. Den Skorpion entkommen lassen, um ihn dann im Haus wiederzuspüren vielleicht? Eben. Ich spritzte ihn also erst mal ab, um ihn in einen lähmenden Schock zu versetzen. Das funktionierte nur kurz. Bevor ich wusste, wie mir geschah, griff ich zur Trittleiter und stellte sie auf den Skorpion. Da der Skorpion gross und die Trittleiter nicht besonders schwer war, konnte ich nicht anders als auf die Trittleiter drauf zu stehen. Auf den obersten Tritt. Und eine Weile da stehen zu bleiben und in die Luft zu gucken. Runterschauen war zu abscheulich. Und nun überlasse ich Sie Ihrer Vorstellung, wie Eine mit geschlossenen Augen eine toten Skorpion in eine flatterige Plastiktüte schaufelt und wünsche Ihnen einen guten Tag.

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