Sunday, December 10, 2006

Die Unverbesserlichen


Nur fünf Minuten, sagen sie. Dann werden es fünfzehn. Und zwanzig und dreissig. Zur Zeit dieser Aufnahme sind es im Schatten satte 38 Grad Celsius. Es ist Frühsommer, wir sind mitten in der Mojave-Wüste. Ich tobe. Mein erster Ausbruch bewirkt zumindest, dass Mutter und Tante ihre Sonnenhüte zuunterst aus ihren Koffern hervorklauben. Und dann wieder ab in die Sonne. So hatte ich das nicht gemeint. Nun nehmen sie die Hüte als Freipass, um noch länger in der Sonne sitzen zu können. Wie dunkel und ledrig kann man denn aus dem sonnigen Kalifornien heimkehren wollen? Dass das Wetter in der Schweiz dieses Frühjahr mehr als zu wünschen übrig liess, hatte ich schon dank diverser Eifersuchtstelefonate mitgekriegt; dass die dunkle, kalte Zeit einen zu extensivem Sonnetanken veranlasste, war nachvollziehbar. Aber man konnte ja schliesslich auch vom Schatten aus in die Sonne sehen und sich so lichttherapieren lassen. Zwei Wochen sind die Damen hier in den Ferien und ausser der ewigen Sonnenanbeterei und der Tatsache, dass ich sie dauernd mit Zwangswasserrationen vor dem Austrocknen bewahren muss, geht auch alles Friede, Freude, Eierkuchen. Sie insistieren, dass es ihnen eine Freude sei, rund ums Haus zu wischen, während ich schreibe. Meine Einwände müssen schwacher Natur gewesen sein, denn sie beherzigen sich der grössten Besen und machen sich ans Werk. Wenn ich sie darauf aufmerksam mache, dass der Wüstenwind doch eher stark bläst, schlagen sie das in den selbigen und enervieren sich am nächsten Tag, dass ihre Arbeit im Eimer ist – oder eben nicht mehr. Sie belohnen sich für getane Arbeit – man ahnt es – mit neuerlichem Sonnenanbeten. Erst als ich den Globus zu Hilfe nehme und lehrerhaft mit gezücktem Zeigefinger dem Breitengrad entlang ostwärts fahre, kommt die Einsicht. Würdet ihr euch im Frühsommer am Rande der Sahara in die Sonne setzen? Natürlich nicht. Eben. Sag ich doch.

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