Sunday, December 10, 2006

Noch eine Indianergeschichte


Jedesmal, wenn meine Navajo-Freundin Bessie bei mir zu Besuch ist, schauen wir zusammen Indianerfilme. Wir haben Windtalkers gesehen und nicht gemocht. Und wir haben Tony Hillerman Verfilmungen gesehen, die nicht mehr als OK waren. Aber wir lieben Thunderheart mit Val Kilmer und Sam Shepard. Und mit “unserem” Graham Greene, der einen coolen indianischen Cop spielt, der Val Kilmer bei der Aufklärung eines Mordes im Reservat hilft. Der Film ist von 1992 und so aktuell wie damals. Er zeigt das heutige Leben der Indianer im Reservat unbeschönigt. Und er zeigt die teilweise komische Mischung der traditionellen indianischen Art zu leben und die Einwirkungen des Anglo-Umfeldes. Als ich Bessie frage, ob “unser” Graham Greene Navajo ist, sagt sie, sie glaube nicht. Warum nicht, frage ich. Weil ich ihn nie persönlich sehe oder von ihm höre. Meinen Einwand, dass sie unmöglich alle Navajos kennen könne, lässt sie nicht gelten. Sie sind mit Abstand der grösste Stamm und leben über ein riesiges Gebiet verteilt. Schau in deinem Computer nach, sagt sie. Und klar – Graham Greene gehört zu einem kanadischen Stamm. Sie lacht, macht eine weitläufige Geste mit unbestimmter Richtungsangabe, welche die ganze Navajo Nation in Arizona und New Mexico mit einschliesst. Die unbestimmten Richtungsangaben der Navajos haben mich schon mehr als einmal in Schwierigkeiten gebracht. Als ich Bessie zum ersten Mal von zuhause abholten wollte, kam ich nie an. Alex, ebenfalls Navajo, hatte mir eine Skizze gezeichnet. Nicht nur stimmte der Massstab gelinde gesagt überhaupt nicht mit meiner weissen Art Karten zu lesen überein, die Skizze orientierte sich mehr an Landschaftsmerkmalen und Bodenbeschaffenheit als an Wegweisern oder Gebäuden. Als ich mit Bitte um Neustart wieder vor Alex stand, lachte mich aus. Mit einer Kopfbewegung und geschürztem Mund – Navajos zeigen nie mit dem Finger – schickte er mich wieder los: it’s right over there.

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