Sunday, December 10, 2006

Mann im Mond


Mit einem Haus in der kalifornischen Wüste kriegt man aller Gattung Besuch – auch ungeladene im Schlepptau von Freunden von Freunden. Wir unterscheiden drei Kategorien in aufsteigendem Schwierigkeitsgrad: 1. Los Angeles Wochenend-Ausflügler, 2. amerikanische Cityslickers und 3. Euro-Trendsetter. Die LA-Müden, sind noch die angenehmsten: sie sind autonom, wollen sich entspannen und fahren nicht in Erwartung hektischer Aktivität in die Wüste. Sie haben ein Basiswissen in Sachen Gefahren. So muss man ihnen beispielsweise nicht dauernd mit einem Wasserglas hinterher rennen und sie zum trinken zwingen, wenn man sich nachher ihre Kopfschmerzklagen nicht anhören will. Ihr grosses Plus: sie gehen am Sonntagabend wieder. Die amerikanischen Grossstädter rennen zwar, kaum lässt man sie einen Moment unbeaufsichtigt, in Flipflops den Berg hoch, hören sich aber die nachträgliche Standpauke zum Thema Schlangen interessiert an und bedanken sich schuldbewusst für die Belehrung. Einsicht ist von den Euro-Trendsettern dagegen kaum zu erwarten. Sie wissen alles besser, gehen barfuss ein und aus und ohne Wasser auf längere Fussmärsche, und sie lassen sich von der Bitte, die Fliegengittertür geschlossen zu halten, nicht beirren, denn sie glauben nicht, dass es hier Skorpione gibt. Irgendwo haben sie gelesen, dass die Wüste angesagt sei, aber wenn sie hier sind, macht ihnen die Stille Angst. All diesen Besuchern ist gemeinsam, dass sie von Himmelskörpern keine Ahnung haben. Dass man, wie figura zeigt, morgens einen Monduntergang miterleben könnte, übersteigt ihre Vorstellungskraft. Dass man den Mond auch in klaren Nächten nicht sieht, weil er am Tag am Himmel steht, glauben sie einem erst mal nicht. “Ist das in Europa anders als in Amerika” ist meine Lieblingsfrage. Ich übe mich in Nachsicht schweige mich darüber aus, dass auch ich mondunerfahren war, bevor ich unter dem grossen Himmel wohnte.

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