Sunday, December 10, 2006

Blindflug


Seit fünf Jahren fahre ich fast täglich am Schild “Institute for Mentalphysics” vorbei und wundere mich, was das wohl sein könnte - Mentale Physik. Es klang verdächtig nach dem Versuch, etwas als Wissenschaft zu deklarieren, was keine war. Vom Highway 62 aus sah man nur die Dächer einer Ansammlung niedriger Gebäude hinter dichten Oleanderhecken. Jedes Mal dachte ich, das schau ich mir mal an und tat es nie. Ich ging der Sache erst auf die Spur, als ein Besucher mich nach dem seltsamen Schild fragte als ich gerade online war. Zu meiner Überraschung brachte Google mich mit dem Stichwort “mentalphysics” sofort an den rechten Ort. Eine violett esoterische Website sagte mir, dass die Bewegung von einem Engländer gegründet worden war, der als einer der ersten Europäer im frühen 20. Jahrhundert auf einer Landkarten-Expedition durch China und Tibet gewandert war und dort in einem Kloster studiert hatte. Aus Edwin John Dingle wurde Ding Le Mei und als er sich wieder dem Westen zuwandte, gründete er ein Mentalphysics Institut in Los Angeles und baute dann 1941 das besagte Zentrum in Joshua Tree. Die Wissenschaft der Zukunft sei es, ein universales Gesetz, eine Methode, die Essenz aller Religionen zu erfahren und sie mit den Wissenschaften zu versöhnen. Ich wollte die Website schon entnervt wegklicken, als ich entdeckte, dass viele der Gebäude von Frank Lloyd Wright entworfen und von seinem Sohn fertig gebaut worden waren. Als ich davor stand, war alles klar. Die Verwandtschaft mit Wrights Architekturschule in Scottsdale, Arizona, war klar erkennbar, wenn auch jene mit sehr viel mehr Ideen und Liebe zum Detail ausgestattet war. Erstaunt spazierte ich auf dem Gelände rum und kam mir blöd vor. Da denkt man von sich, man sei architekturinteressiert und fährt jahrelang an einem Frank Lloyd Wright Bau in der Nachbarschaft vorbei. Manchmal ist man wirklich ignoranter als man denkt.

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