Tuesday, July 31, 2007

Fremdenführer


Es muss Reisezeit sein in der Schweiz. Herr R. aus B. ist nicht der einzige, der mich in den letzten paar Wochen über Email angefragt hat, wo er denn übernachten soll, hier oben in der High Desert. Wer hier weiterliest, tut das auf eigene Gefahr. So bin ich hier oben hängen geblieben – mit einem einzigen Aufenthalt im Twentynine Palms Inn. Ich gebe ja zu, dass ich eine impulsivere Wohnortveränderin bin als die meisten. Aber trotzdem. Die Gefahr besteht, dass sich Herr R. ein weniger hektisches Leben in der Mojave, mit viel Raum, durch den Kopf gehen lassen wird, wenn er sich hier abends im sanften Wüstenwind ein saftig-zartes Steak und Gemüse aus dem hoteleigenen Garten servieren lässt, nachdem er sich am selbstgebackenen Brot schon fast überessen hat. Das Twentynine Palms Inn ist um die natürliche Palmenoase gebaut, die dem Ort seinen Namen gegeben hat. Heute stehen da weit mehr als 29 Palmen und nicht ganz soviele Häuser. Das sind die Hotelzimmer, nur dass es eben Häuser sind – aus Holz oder aus Stein, wild zusammengewürfelt und stilmässig nur durch den Charme des Unperfekten zusammengehalten. Seit 1928 ist das Inn im Besitz der gleichen Familie geblieben und konstant erweitert worden. Seit neuestem sind auch ein paar geräumigere Häuser rund um das Inn zum Vermieten ausgebaut worden, wie das ehemalige Studio einer Künstlerin und die Dunkelkammer eines bekannten Wüstenfotografen. Das Epizentrum des Inns aber, ist sein hervorragendes, kleines Restaurant (das beste in der ganzen High Desert) mit seinen wenigen Tischen am Rande des Pools. Wer Glück hat, trifft auf mehr Einheimische als Reisende und bleibt von Foto- und Filmcrews auf der Suche nach Wüstenchic ganz und gar verschont. Und wer dann irgendwo am Strassenrand ein Schild sieht “Land zu verkaufen”, der hält lieber nicht an und notiert sich die Telefonnummer, wenn er nicht bereit ist, sein Leben auf den Kopf zu stellen.

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