Friday, April 25, 2008

Jack, der Flieger


Ich weiss, ich hätte insistieren sollen, dass Jack sich auf den andern Stuhl setzt, den links, wo ihm die Sonne das Gesicht besser in Szene gesetzt hätte. Ich sitze, wo ich will, honey, sagt er. Damit ist die Diskussion beendet. Er kommt auch zu Besuch, wann er will, sagt meine Freundin J.B. lachend. Sie ist seine Nachbarin. Jack ist über achzig und nicht mehr gut zu Fuss. Also hottert er in seinem verbeulten Pickup Truck über die Sandstrasse zum nächsten Haus. In seinen jungen Jahren in Brooklyn hat Jack sich seine alten Tage anders vorgestellt. Die Fliegerei hat ihn fasziniert. Lange Jahre hat er für SAS gearbeitet. Einmal hat er sich auf einem Flug von Kopenhagen nach New York mit Truman Capote in der Bar der ersten Klasse so dermassen die Hucke vollgesoffen, dass die beiden beim Zwischenhalt in Bremen von der Polizei zurück ins Flugzeug bugsiert werden mussten. Mit Geschäftspartnern hat er gar eine eigene Fluggesellschaft gründen wollen. Lange hat alles vielversprechend ausgesehen, dann ist der Deal im letzten Moment nicht zustande gekommen. Jack hat alles verloren. Heute lebt er von seiner kleinen staatlichen Rente in einem Airstream Wohnwagen. Er besitzt kein Land. Der Wohnwagen steht neben einem Haus, das Leuten gehört, die nur übers Wochenende kommen. Er passt dafür aufs Haus auf. Um sich seine Zeit zu vertreiben, schaut er Quizsendungen und schreibt an einer Geschichte, die darüber mutmasst, wie die amerikanische Geschichte sich entwickelt hätte, wenn der Süden den Sezessionskrieg gewonnen hätte. Wenn man Jack besucht, empfängt er einem vor dem Wohnwagen. Zu schmutzig drin, sagt er. Nur J.B. lässt sich alle paar Monate nicht abweisen. Dann schrubbt sie ihm den Wohnwagen wieder in Schwung und schimpft mit Jack, dass er sich nicht an ihre Sauberkeitsanordnungen gehalten hat. Er lässt es über sich ergehen und schwört Besserung. Dass die nicht eintritt, wissen sie beide.

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