Sunday, March 2, 2008

Sisyphusarbeit


Ich hasse dich, sagt JB und greift mit ihren gelben Gummihandschuhen beherzt nach der kniehohen Pflanze vor ihren Füssen. Sie reisst sie energisch aus dem sandigen Boden, mit Wurzeln und Blüten und allem. Dann dreht sie sich so, dass der Wind den Müllsack aufbläst, den sie in der andern Hand hält, und stopft die Pflanze sorgsam tief rein. Dich hasse ich auch, sagt sie bei der nächsten Pflanze. Und dich auch, und dich sowieso. Mit der Zeit wird ihr Fluch zum Mantra und ihr Bewegungsablauf rund wie ein Yoga Sonnengruss. Wir arbeiten uns durch ein grünes Feld in Wonder Valley, östlich von Twentynine Palms. Aber da ist nichts Friedliches an unserm Unterfangen. Mit einer grossen Gruppe Kämpfer sind wir zu einer grossen Befreiungsaktion ausgerückt, um die rücksichtslosen Eroberer auszuradieren, die seit ein paar Jahren in unseren Gefilden ihr Unwesen treiben. Und obschon Gruppenaktivitäten sonst nicht mein Ding sind – dieser Kampf lässt mich die Grenze des obsessiv Militanten überschreiten. 1925 ist das Sahara Mustard Gras (brassica tournefortii, für diejenigen, die’s genau wissen wollen) zum ersten mal bemerkt worden in der Gegend um Palm Springs, aber noch 1990 war es so wenig verbreitet, dass es nicht als Gefahr eingestuft worden ist. Nun sind die Scheissdinger überall. Hier sollte nichts Grünes zu sehen sein. Abermillionen wilde Blumen in allen Farben sollten den Sand wie einen Teppich überziehen, speziell nach einem regenreichen Winter wie diesem. Ich liebe die wilden Wüstenblumen. Es ist unvorstellbar, dass es die Blütenpracht bald nicht mehr geben soll. Das Mustard Gras keimt vor den Wildblumen und entzieht denen Wasser und Nährstoffe – der Rückgang der einheimischen Pflanzen ist fast hunderprozentig. Während wir Pflanze um Pflanze ausreissen, versuchen wir nicht daran zu denken, dass eine einzige von ihnen bis zu 16’000 Samen tragen kann. Ich hasse dich, ich hasse, ich hasse dich…

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