Wednesday, March 12, 2008

Jagdtrophäen


Ein bisschen Winterregen und die Wüste explodiert. Es war ein bisschen viel Winterregen dieses Jahr, zugegebenermassen. Und das ist nun endlich der farbenfrohe Dank für von Stürmen weggefegte Dachziegel und die Wasserflecken an der Wohnzimmerdecke. So dichthalten müssen die Dächer hier sonst nie wie sie es diesen Winter auch nicht taten. Aber Versicherungsformalitäten und Gummistiefel sind nun vergessen. Wenn die ersten Wüstenblumen spriessen, wissen wir alle wieder, warum wir hier in der Wüste leben. Und ganz Südkalifornien macht sich mit Kameras und Stativen bewaffnet auf den Weg, den Wüstenblumen nachzujagen. Auf Rastplätzen geben sich Blütenhungrige Tips, an welchem einsamen Wegrand die Pracht am sensationellsten ist. Und es gibt Websites, welche das aktuelle Blütenbarometer mit genauen Ortsangaben und den dazugehörigen Fotos dokumentieren. Dieses Jahr ist die Ausbeute besonders reich und dicht. Wo sonst nichts ist als Sand, sieht es nun für ein paar Wochen so aus, als hätten die Götter die neue Frühjahrs-Kollektion an Teppichen ausgelegt. Ein leuchtendes Gelb ist das bevorzugte Modell heute, aber auch Lila und Weisstöne sind en vogue, und an manchen Stellen liegen bunt gemusterte Teppiche. Jede Farbe hat ihren eigenen betörenden Duft – von herb bis süsslich. Die Blumen sind so dicht, dass es unmöglich ist, nicht draufzutreten. Schon nach kurzer Zeit sind meine Hosenbeine voll buntem Blütenstaub. Leider bleibt es nicht dabei. Bald habe ich den Blütenstaub auch in der Nase und in den Augen, und da bekommt er mir weniger. Ich niese und reibe mir die wässrigen Augen und kann mich trotzdem nicht sattsehen. Für Schönheit muss gelitten werden, sagt das Sprichwort und heute halte ich mich daran. Auch auf dem Nachhauseweg mache ich für jede Blume, die ich noch nicht fotografiert habe, eine Vollbremsung auf dem einsamen Highway. Das Wunder einer blühenden Wüste macht süchtig.

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