Tuesday, May 1, 2007

4 gegen 1


Da fahr ich also letzten Mittwoch durch Arizona auf dem Heimweg von einer Beerdigung in Gallup, New Mexico. In Winslow beschliesse ich, die etwas weitere Route über den Highway 87 nach Phoenix zu fahren, weil da auf einem Teilstück, ein paar Stunden von hier, eine Wildblumen-Pracht zu erwarten ist. Wir, in der Mojave, haben dieses Frühjahr keine Wildblumen, denn es hat kaum geregnet im vergangenen Winter. Ich fahre gedankenverloren durch die menschenleere Steppenlandschaft mit ihren lose hingesprenkelten Pinonbäumen und höre die Musik, die mir ein Neffe zugesteckt hat – Explosions In The Sky – Weston hat schon immer gewusst, was mir gefällt. Mitten auf der Hochebene, werde ich von Strassenarbeitern gestoppt. Ich bin der dritte Wagen. Für eine Weile höre ich Musik und denke darüber nach, wie spektakulär unspektakulär einem der Tod einholen kann. Dann klopft mein Vordermann ans Fenster. Eine Stunde, sagen sie, sagt er und schlurft zurück zu seinem Pick-up Truck. Das ist wohl ein Witz, rufe ich zu niemand bestimmtem. Der bullige Mann mit dem Stoppschild in der Hand macht keinen Wank. Nach einer Weile steige ich aus und gehe zu meinem Hintermann. Eine Stunde, sagen sie, sage ich zum Lastwagenfahrer hoch. Das wird mir den Tag versauen, sagt der seelenruhig hinter seiner Spiegelbrille. Ich hole meine Kamera raus und fange an, Pflanzen und Hölzer am Strassenrand zu fotografieren. Vorsicht, Klapperschlangen, ruft mir einer der beiden alten Rowdies zu, die an den Jeep in erster Position gelehnt stehen. Ihr Annäherungsversuch lässt mich nicht erzittern, man wohnt schliesslich in der Wüste. Später geselle ich mich zu der Gruppe um den Mann mit dem Stopschild. Einmal die Woche fahre er eine Lieferung ins Gefängnis, das ich vor etwa einer halben Stunde passiert habe, sagt der Lastwagenfahrer. Wieviel Insassen hats denn da, frage ich. 1650, wirft der Mann mit dem Stoppschild sofort ein, ich war da 20 Jahre lang Aufseher. Schwere Jungs, sagt der Trucker, sehr schwer. Ich starre auf seine Waden und frage, ob ich seine Tätowierung fotografieren darf. Be my guest, sagt er leicht kopfschüttelnd, lässt sich aber für bessere Lichtverhältnisse leicht drehen. Aber das ist noch lange nicht das schlimmste Gefängnis in Arizona, no no no, sagt das Stoppschild nun und sein Schild steht leicht schief. Perryville, das Frauengefängnis, sei viel schlimmer. Die Frauen da drin seien echt böse, richtig niederträchtig, wie Männer es nicht sein können. Einer der Rowdies geht vor mir in Position. Die Frauen sind auch draussen niederträchtig, lächelt er mich an. Den Nagel auf den Kopf getroffen, findet der Trucker. Ach, kommt Jungs, 4 gegen 1, wo bleibt da die Fairness? Achselzuckend steigen sie wieder in ihre Wagen.

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