Thursday, March 29, 2007

Google Earth


Ich bin schon oft über die kalifornische Wüste geflogen. Schliesslich führt der inneramerikanische Ost-West-Flugkorridor in höchster Höhe genau über mein Haus. So sieht es jedenfalls von hier unten aus. Die weissen Kondenzstreifen im tiefblauen Himmel laufen parallel mit dem Highway 62. Der einzige Zivilisationslärm, den ich höre, sind allerdings nicht die Flugzeuge sondern das tiefe Knattern der Harleys, die jedes Wochenende im Frühjahr scharenweise der Versuchung eines weit offenen Highways nicht widerstehen können. Die Flugzeuge selbst gleiten silbrig blitzend und lautlos über den Himmel. So einfach sie von hier unten von blossem Auge auszumachen sind, so wenig funktioniert der Umkehrschluss. Obwohl ich die Gegend mittlerweile doch sehr gut kenne, kann ich von der Luft aus mein Haus nie mit Sicherheit ausmachen. Was heisst mein Haus – ich kann auch Twentynine Palms oder Joshua Tree nicht ausmachen und den Highway schon gar nicht. Von oben sieht alles gleich aus. Und gleich uniform, obwohl es das in Bodennähe überhaupt nicht ist. Wann immer ich die Gegend in dreissig Minuten überfliege, denke ich voller Bewunderung an die ersten Siedler, welche die Endlosigkeit und Hitze der Wüste mit Ross und Wagen durchquerten und nicht wussten, ob, wo und wann Bergseen oder das Meer zu erreichen waren. Was hat sie dazu veranlasst, sich bei einem bestimmten Busch im Nichts niederzulassen, nach Wasser zu graben und zu sagen, so, hier bleiben wir jetzt – wir sind um die Welt gesegelt und haben einen Kontinent durchquert und das ist es nun. Dabei sehe ich aus der Luft, dass drei Flugminuten weiter vorne ein See gewesen wäre, oder ein Fluss. Heute entdecken wir die Welt vom Wohnzimmer aus mit Google Earth, und das findet jedes Fleckchen Erde mit Autopilot. So auch mein Haus. Allerdings nicht, wenn ich drinsitze. Eine langsame Telefonleitung ist alles, was mich in der Weite der Mojave mit dem Internet verbindet.

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