Tuesday, March 20, 2007

Vom Winde verweht


In der Weite der Mojave gibt es zwei Arten von Ladies. Diejenigen, die ihr Haar vom Wüstenwind verweht tragen, wie man sich das gemeinhin so vorstellt für einen kleinen Ort im Nichts. Und diejenigen, die kein Haar dem Zufall überlassen, dem Wind schon gar nicht. Sie kommen perfekt onduliert oder perfekt geplättet daher - je nach Tagesform. Die Perfektionistinnen, die jeden Tag aufs Neue der Bedeutungslosigkeit ihrer geografischen Verhältnisse trotzen und sich nur in vollem Ornat bei Wal-Mart sehen lassen, um Hundefutter zu kaufen, faszinieren mich seit ich hierher gezogen bin. Ich gehöre zur Windfraktion. Getreu meiner Wüsten-Schlampen-Doktrin verschwende ich keine Zeit mit einem Föhn, wo Wind, Hitze und Trockenheit das Nötige in der gleichen Zeit erledigen. Niedrige Luftfeuchtigkeit lässt Haar sowieso von Natur aus besser aussehen - Haarreif oder Haargummi rein und gut ist. Oder war. Bis ich meine Faszination meiner Freundin J.D. kundtat. Die war mal Show-Girl in Las Vegas in einem früheren Leben. Heute gehört sie auch zur Windfraktion, aber sie kann auch anders. Immer noch. Dass ihre Glamour-Gene absolut intakt waren, verstand ich spätestens als sie mich ins Badezimmer schubste, meinen Kopf unter die Dusche hielt und mir die Haare wusch – nur um sie nachher mit vielen Wässerchen und Mousse durchzukneten und in Lockenwickler zu legen. J.D. war in ihrem Element, und das Resultat überzeugte zumindest J.D.’s alten Nachbarn Jack. Aber der war auch halb blind und froh, wenn er überhaupt jemanden zu Gesicht bekam. Die Pracht hielt genauso lange bis ich mit offenem Autofenster die zehn Meilen von ihrem Haus zu meinem fuhr und laut und pausenlos Crystal von New Order hörte. Als ich ankam waren nicht nur meine Gehörgänge durchgepustet – mein Haar hatte sich von Marilyn Monroe Glamour zu einem zerzausten Sturmhelm gemausert. Nun war der Lack ab. Dann doch lieber Wüstenschlampe.

2 comments:

meikel ädäms said...

in der weite der mojave-wüste ist noch ein anderes auto unterwegs. am steuer sitzt ein bedauernswerter held. sein problem ist nicht die frisur, sondern sein magen. beim wüstennest trona spürt er, dass er unfreiwillig eine überdosis drogen intus hat, die gerade zu wirken beginnt. panisch sucht er ein hospital, aber mit diesen häusern geizt die mojave-wüste.
er braucht 10 minuten bis zu dem erhofften ziel. ridgecrest! eine gefühlte ewigkeit. kommt er an? und WIE kommt er an?
dieser horror-trip heisst "twelve miles to tronja" und ist ein 10-min-kurzfilm von wim wenders. ein wunderbares stück über die relativierung der zeit.
für alle coyote-fans, ob glamourstar oder wüstenschlampe.
und vor allem für jene, die die musik im auto gerne sehr laut aufdrehen.

meikel ädäms

meikel ädäms said...

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sorry, der film heisst "twelve miles to trona" nicht tronja...