Saturday, May 30, 2009

Spritztour


Das ist Kurt, mein Nachbar. Wenn er nicht gerade sein kleines Wochenendhaus hier draussen renoviert, oder mit sich selber Golf spielt in der offenen Wüste, ist er Feuerwehrmann in Los Angeles. Vor langem habe ich ihn mal gefragt, wann er mich auf ein Spritzfährtchen mit dem Feuerwehrauto mitnimmt. Mal sehen, hat er ausweichend geantwortet. Letzten Montag hab ich wieder gefragt. Am Mittwoch, hat er gesagt. Das hab ich mir nicht zweimal sagen lassen und bin beizeiten vor der grossen neuen Feuerwehrstation Downtown aufgekreuzt. Kurt hat mir all die verschiedenen Feuerwehrautos gezeigt, hat Leitern ausfahren lassen und mich überall vorgestellt. Wir sagen, du seist eine Journalistin auf Besuch aus der Schweiz, hat er mir vorher zugeflüstert, das klingt besser als Twentynine Palms. Ich bin mit allem einverstanden, was mich in so ein Feuerwehrauto bringt. Ich fahre sie mal kurz um den Block, OK?, sagt Kurt beiläufig zu seinem Captain. Aber sicher doch, sagt der Captain ebenso beiläufig und schon sind wir unterwegs. Ich trage Kopfhörer und Mikrophon, sitze im Beifahrersitz und finde alles hochgradig spannend. Feuerwehrleute sind hier auch Sanitäter: 84% aller Einsätze sind rein medizinischer Natur – Unfälle, Herzprobleme und Bagatellen. Die Feuerwehr rückt aus, auch wenn es sich um einen gebrochenen Zeh handelt. Man könnte sonst später wegen irgendwelcher abstruser Komplikationen verklagt werden. Als das Feuerwehrauto wieder in der Garage steht, zeigt mir Kurt den hintersten und letzten Winkel der neuen Station mit sowas wie Besitzerstolz. Und er erzählt mir von seinem schlimmsten Einsatz – 12. September 2001, New York City. Kurt ist auch Spezialist für Gefahrstoffe; er ist in der Nacht nach den Anschlägen auf das World Trade Center zusammen mit andern Spezialisten nach New York geflogen worden und hat während Wochen aufgeräumt. Ihn erschüttert so schnell kein Einsatz mehr.

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