Thursday, April 9, 2009

Verschlafen?


Ich warte. Ich warte ungeduldig und schon etwas beunruhigt. Meine wilde Schildkröte (hier in einem letztjährigen Bild) sollte nun jeden Moment eintreffen. Pünktlich, fast auf den Tag genau, ist sie in den letzten Jahren aufgetaucht, hat sich den Winterschlaf aus den Augen gerieben und ihre übliche Runde um mein Haus gedreht, um sich dann vor meiner Haustür niederzulassen und mit den nicht vorhandenen Fingern leicht ungehalten auf die nicht vorhandene Bartheke zu klopfen. Wo ist mein Salat, Lady, meine Tomaten, besser noch, wo sind meine Erdbeeren? Hab ich Ihnen in den letzten Jahren nicht unmissverständlich klargemacht, dass ich meine Nahrung gern in Rot zu mir nehme? Ich habe gelernt und Vorräte gekauft. Nun hoffe ich, dass ich nicht auf meinem roten Kühlschrank sitzenbleibe – Tomaten, Erdbeeren, Himbeeren, alles ist da und wird bald vor sich hinfaulen, wenn ich nicht vor der Schildkröte zubeisse. Die ersten Apriltage sind ohne ihr Erscheinen verstrichen. Nun sitze ich ja nicht Tag und Nacht auf der Lauer, um den Moment nicht zu verpassen. Schildkröten sind ja nicht gerade für ihre laute Art bekannt. Und meine Hunde haben sich bereits dermassen an ihr Rumkriechen gewöhnt, dass sie nicht mehr reagieren. Ich könnte ihn also theoretisch verpasst haben, den grossen Moment. Die Schildkröte hätte theoretisch auf meine tauben Barmaid-Ohren stossen können und enttäuscht von dannen gezogen sein. Aber irgendwie will ich das nicht glauben. Also mache ich mir Sorgen. Wüstenschildkröten sind vom Aussterben bedroht, und ich will wenigstens “meiner” wilden Wüstenschildkröte eine anständige Lebensabschnittpartnerin und Schlummermutter sein. Schildkröten werden sehr viel älter als Menschen. Nach mir muss sie sich jemand anders suchen, der sie durchfüttert. Aber wenn die Inbesitznahme der Wüste durch den Menschen weiter fortschreitet, dann helfen auch die rotesten Erdbeeren nicht mehr weiter.

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