Thursday, May 15, 2008

Dollarschwäche


Nun kommen sie wieder in Scharen, die Ausländer. Vergessen sind die Schwüre, dass man während der Regentschaft von George W. Bush keinesfalls amerikanischen Boden betreten werde. Vergessen die Verachtung vor dem amerikanischen Marken-Imperialismus. Wenn die Marken billig genug zu erstehen sind – wer kümmert sich dann schon um Weltanschauliches. Rein gar niemand, muss ich annehmen, wenn ich bei den Outlet-Stores vorbeifahre, die kurz vor Palm Springs mitten in die Wüste gebaut sind. Outlet-Stores sind Markentempel, die etwa hundert Meilen ausserhalb der grossen Metropolen an den wichtigen Ausfallstrassen aus dem Bodem spriessen und die Reisenden von ihrem Weg abbringen, ohne die viel teureren Läden in den Städten zu konkurrenzieren. Calvin Klein, Ralph Lauren, Levi’s, Kenneth Cole, DKNY, aber auch Prada, Armani und Gucci sind vertreten, um nur ein paar wenige zu nennen. Das Mecca der Shopping-Touristen aus aller Welt hat trotz Rezession Hochkonjunktur. Ganze Busladungen voll Markenhungrigen werden von Los Angeles hier rausgefahren, alle mit dem grossen Portemonnaie bewaffnet. Speziell die Europäer finden nun alles billig. Spottbillig. Ich habe zwei Arten von europäischem Besuch. Diejenigen, die viel kaufen und diejenigen, die sehr viel kaufen. Letztere sind oft diejenigen, die sich erst zieren und dann spezielle Schubkraft entwickeln, wenn ich ihnen sage, wer unserer gemeinsamen Freunde hier wieviel eingekauft hat und dass ich beispielsweise für neue Adidas-Turnschuhe nie mehr als 30 Dollar ausgebe. Wenn die Schamgrenze mal überwunden ist, zieht es auch den shopping-resistentesten Männern den Prada-Ärmel rein. Dass man letztendlich mehr ausgibt, wenn’s billig ist, scheint niemanden zu stören. Auch mich nicht - ich begleite meine europäischen Freunde gern auf ihre Einkaufstouren. Vor lautem schlechtem Gewissen ob ihrem Kaufrausch, springt oft auch noch ein Geschenk für mich ab.

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