Wednesday, January 17, 2007

Sie klettern wieder


Die Felsformationen im Joshua Tree National Park sind ein weltweit bekanntes Kletterparadies und eines der wenigen, das auch im Winter Hochsaison hat. Der Sommer ist die tote Saison hier. Bei weit über 40 Grad im Schatten würden Kletterer nicht nur in der Sonne dahinschmelzen, sie würden sich die Hände verbrennen am heissen Gestein und am Metall der Haken.
Von weitem sehen die einzelnen Felsbrocken täuschend rund und glatt aus. Und so, als würden sie aufeinander balancieren. Es ist über hundert Millionen Jahre her, dass sich das Felsgestein Meilen unter der Erdoberfläche abgekühlt und gehärtet hat. Grundwasser erodierte den Granit in fantastische Formen, während flutartige Überschwemmungen die erdige Schutzschicht immer mehr wegwuschen und die Felsformationen dem Wind preisgaben. Eine grobe Schmirgelpapier-Oberfläche entstand, die nun den glatten Gummisohlen der Kletterer Haftung bietet. An milden Vorfrühlingswochenenden sind die Felsformationen von farbigen Punkten übersäht, die sich langsam hoch oder schnell runter bewegen. Manche Kletterer sind so süchtig, dass sie unter ihren Felswänden kleine Zeltstädte aufbauen – auch in eisigen Winternächten. Websites beschreiben über 6000 Kletterrouten mit genauen Angaben über Schwierigkeitsgrad und Hakenmenge.
Kletterer schütten glücklich machende Endorphine aus. Man erkennt sie von weitem - mit verklärtem Gesichtsausdruck sitzen sie abends in Bars – der Blick schweift durch die Whiskyflaschen hindurch in unbestimmte Weiten. Sie reden nicht viel. Kein lautes Prahlen mit Höchstleistungen und bezwungenen Gipfeln und Ängsten. Denn obwohl sie die Schwerkraft so sichtbar überwinden, es ist der innere Höhenflug, der zählt. Anfänger überkommt oft ein ungläubiges Staunen, ob ihre Leistung vielleicht nur ein Traum war. Wenn sie sich sehen könnten, käme kein Zweifel auf. Sie sind verbrannt, geschunden und geschürft. Aber eben, glücklich.

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