Thursday, January 25, 2007

Die Wüste ist schuld


Ich lebe in Phasen. Wenn ich in Los Angeles bin, ist meine Agenda gedrängt. Ich treffe Leute zum Morgen-, Mittag- und Nachtessen und erledige zwischendurch alles effizient, was ich mir vorgenommen hab. Wenn ich in der Wüste bin, ist die Agenda leer. Gähnend leer. Das Konzept Agenda existiert nicht. Der Wüstenwind bläst jegliche Strukturen aus den Hirnwindungen. Zeit hat eine andere Qualität, ist eine andere Masseinheit. Tage kommen einem abhanden, verschmelzen ineinander, sind nur durch verschiedene Naturspektakel voneinander zu unterscheiden, nicht unbedingt durch Geleistetes. Plötzlich sieht man junge Hunde am Himmel rumtollen und freut sich drüber. Es kann schon mal vorkommen, dass ich eine Woche lang mein Haus und meinen Garten nicht verlasse – und das nicht merke. Ich stehe früh auf (senile Bettflucht), und lese mit dem ersten Kaffee Zeitung (online, weil mir keiner meine Zeitung zum Haus liefern und sich dabei ruinieren will - so weit draussen wie ich wohne, oh, no Mad’m, sorry). Dann gehts ans Schreiben. Oder ans Vor-dem-Schreiben fliehen, was technisch das gleiche ist - und schon ist es wieder Abend. Wenn ich brav gewesen bin und was Anständiges zu Papier gebracht hab, darf ich fernsehen. Ausser wenn die neue Saison von “24” angelaufen ist, wie gerade jetzt (OH MY GOD, ist alles, was ich Ihnen dazu schon mal verrate), dann darf ich auch schauen, wenn ich nichts Nennenswertes geleistet hab. Ich mag es, in flockigen Wochen zu denken und nicht in Stundenzellen. Man vertagt und verschlampt und erledigt trotzdem das meiste. Nur wenns ans Vergessen geht, wirds schwierig. Wie damals, als ich mich in meiner Rolle als Hospizvolontärin eines Sonntags bei 20 (in Worten “zwanzig”) Patienten telefonisch nach ihrem Befinden hätte erkundigen sollen. Und es vor lauter Strukturlosigkeit völlig vergessen hab. Glauben Sie mir, ich neige von Natur aus nicht zum Verschlampen. Wie gesagt, die Wüste ist schuld.

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