Wednesday, February 13, 2008

Eingeschworen


Vor ein paar Wochen habe ich eine Vorladung erhalten. Ich soll am Gericht in Joshua Tree als Geschworene agieren. Das Geschworenenwesen ist Bürgerpflicht. Am Tag X muss man erscheinen und auf einen langen Prozess gefasst sein. Ich komme am Morgen ins Gerichtsgebäude, durch einen Metalldetektor wie am Flughafen, und bin erst mal erstaunt, wieviele potentielle Geschworene da zur Auswahl vorgeladen sind für einen einzigen Prozess, sicher fast hundert. Ich bin hin und hergerissen. Einen eintägigen Prozess würde ich gern mal mitmachen. Einfach aus Interesse. Aber einen mehrmonatigen Prozess wie gegen O.J. oder Michael Jackson? Nein, danke. Ich denke an meine Cousine Nancy, die in Santa Monica den perfekten Prozess miterlebt hat: Larry Flint, der Herausgeber von Penthouse, gegen das De Beers Diamantenhaus. Ein paar Stunden beste Unterhaltung, in denen Larry Flint geltend machen wollte, dass De Beers ihm ein zu fragiles Diamanten-Armband verkauft hat, wo sie doch wissen mussten, dass er mit seinem Rollstuhl so ein Armband speziell strapazieren und Diamanten verloren gehen würden. Als der Richter uns alle in den Gerichtssaal ruft, merke ich, wie wenig Glück ich mit meinem Fall habe. Es handelt sich um einen mehrwöchigen Prozess gegen einen mehrfachen Kinderschänder. Das kann und will ich mir nicht wochenlang anhören und nachher von Details verfolgt sein. Da bleibt nur eins. Als der Richter fragt, wer sich dem Prozess nicht gewachsen fühle, strecke ich auf und sage, ich wolle mit dem Richter alleine sprechen, nicht vor allen andern Geschworenen. Er geht darauf ein. Da sind trotzdem noch etwa zehn Leute im Gerichtssaal – Gerichtsschreiber, Anwälte - während ich psychische Unstabilität erster Güte vorführe. So will mich weder die Verteidigung noch die Anklage. Vielleicht sollte ich eine Hollywoodkarriere in Erwägung ziehen, denke ich auf dem Heimweg und kann mir ein Lachen nicht verkneifen.

No comments: