Wednesday, August 19, 2009

Schildkrötenreise


Schildkröten reisen nicht gern, Wüstenschildkröten schon gar nicht. Sie sind am liebsten zuhause, suchen in ihrem eng begrenzten Territorium nach wasserhaltigem Essen und sind glücklich, wenn sie alle Monate mal fündig werden. Ein genügsameres Wesen als die Wüstenschildkröte kann man sich gar nicht vorstellen – sie kann bis zu einem Jahr ohne Wasser überleben, und das bei Bodentemperaturen von 60 Grad Celsius. Und nun müssen sie umgesiedelt werden, die Wüstenschildkröten, 1100 Stück von ihnen zumindest. Denn sie sind vom Aussterben bedroht und sie sind im Weg. Weil sie geschützt sind, kann selbst das US Militär ihre Militärbasis in der Wüste nicht einfach erweitern, ohne sich um die Schildkröten zu kümmern. Darum läuft jetzt ein Bewilligungsverfahren, 1100 der Tiere aus der Schusslinie zu verfrachten. Schildkrötenzügeln ist allerdings kein einfaches Unterfangen, auch wenn sie mit Haus reisen. Wenn Schildkröten merken, dass sie nicht mehr wissen, wo sie sind, setzt ein eingebauter Mechanismus ein, der ihnen sagt, sie müssten nach Hause marschieren. Das tun sie, bis zu sechs Meilen weit. Unterwegs werden sie Beute für Koyoten und die jungen Schildkröten für Raben. Der letzte Versuch, Schildkröten umzusiedeln, wurde wegen hoher Sterberate abgeblasen. 8,7 Mio Dollar hätte er gekostet für 600 Schildkröten. Das macht 14’500 Dollar pro Schildkrötenumzug. Bei den hohen Kosten muss man sich fragen, wie um Himmels Willen, die Schildkröten denn reisen. Jede im eigenen Panzer? Im Militärhelikopter? Ich finds ja gut, dass eine Militärbasis nicht einfach auf Biegen und Brechen und über Leichen erweitert werden darf und dass so ein altertümliches Wesen wie eine Schildkröte der neuesten Kriegstechnologe ein Schnippchen schlagen kann. Aber wärs denn nicht einfacher, gesünder und kostensparender, die Schildkröten in ihrem Revier zu lassen und einen neuen Sandkasten für die Kriegsspiele zu finden?

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